„Innsbruck, wer bist du?“

Moderator und Gastgeber des Abends: Dr. Andreas Maislinger & Mag. Lorenz Jahn

Vom alpin, urbanen Leben, dem DU und dem großen Selbstverständnis der Bewohner aus der kleinen Weltstadt Innsbruck

Unter dem Titel: „Innsbruck, wer bist du? Stadtcharaktere im Vergleich“ ludt die Junge Stadt zu ihrer zweiten Stadtperspektive. Am Podium diskutierten LTPräs. DDr. Herwig Van Staa, Geschäftsführer des Stadtmarketings Bernhard Vettorazzi, Experte für Fankultur Stefan Hebenstreit, Touristiker & Unternehmer Dr. Karl Josef Ischia, Wirtschaftspädagoge & Musiker Dr. Christof Fink, Vorsitzender der Innsbrucker Studierendenvertretung Florian, Heiss sowie Standard-Journalistin Katharina Mittelstaedt.

Im Rahmen der Stadtperspektiven bietet die Junge Stadt gemeinsam mit dem Moderator der Reihe Prof. Dr. Andreas Maislinger, inhaltliche Diskussionen um Themen aus verschiedenen Sichtweisen zu vertiefen und Verständnis zu schaffen. Maislinger hinterfragt Motive, Einstellungen und Zugänge spannender Experten zu den jeweiligen Themen.

Maislinger, Hebenstreit, Ischia, Van Staa, Fink, Vettorazzi 6 Mittelstaedt in der Diskussion

Gemeinderat Mag. Lorenz Jahn ist Vorsitzender des Vereins und Veranstalter der Reihe: „Wir wollen eine Plattform bieten, um Themen zu verstehen. Weg vom Unwissen am Stammtisch – direkt zu Experten, ist unsere Devise. Die Themen kommen von den Teilnehmern, die Moderation von Andreas Maislinger, so haben wir eine politisch unabhängige Instanz, die den Ausgleich an Meinungen wahrt.“

Im Folgenden finden sich Auszüge aus den angeschnittenen Gesprächen und Diskussionen.

Positionierung von Innsbruck – Was sind wir?

Bernhard Vettorazzi erläuterte die Positionierung Innsbrucks mit den Schlagwörtern: alpin, urban & leben. Innsbruck sei geprägt von der neuen Architektur im Mix aus Tradition und Moderne und wäre damit ein wichtiger Tourismusfaktor: Die Bergiselschanze sei weltweit mittlerweile ein bedeutenderer Eyecatcher als das Goldene Dachl. Bauten wie Rathaus, Kaufhaus Tyrol und die neue Hungerburgbahn führen Menschen nach Innsbruck. Die Entscheidung die Maria-Theresienstraße zur Prunkstraße auszubauen und eine reine Fußgängerzone zu etablieren wurde angenommen: mit 120.000 Besuchern in einem Monat ist sie nun die zweitmeist besuchte Einkaufsstraße nach der Mariahilferstraße in Wien.

Dr. Christof Fink, durch seine Tätigkeiten in diversen EU-Projekten regelmäßig außerhalb von Österreich unterwegs, strich die Vielfalt sowie die Nähe zu allem Schönen in der Stadt heraus. Je mehr er gesehen habe, desto beeindruckter ist Fink von Innsbruck.

Dr. Maislinger und LTPräs. DDr. Van Staa

DDr. Herwig Van Staa ging auf die unterschiedliche Wahrnehmung der Bevölkerung sowie der Touristen ein: Innsbruck im Selbstverständnis der Bürger sei etwas anderes als aus den Augen der Städtetouristen und der Urlaubsgäste in Tirol, Innsbrucker würden Klischees nachrennen und hätten den Drang etwas scheinbar Unverwechselbares darstellen zu müssen, jedoch tun wir dies bereits. Das Selbstwertgefühl der Innsbrucker wäre ebenfalls höher als die objektive Darstellung, so käme die Stadt uns selbst gewichtiger vor und wir scheuen keinen direkten Vergleich zu Städten, welche weit höhere Einwohnerzahlen aufweisen. Dies sei einerseits ein positives Zeichen, andererseits verfälscht es Diskussionen und Vergleiche.

Innsbruck, die Sportstadt

Stefan Hebenstreit, Autor und Experte zum Thema Fankultur, nahm Bezug auf das Gefühl, dass für viele Menschen Innsbruck in erster Linie mit dem sportlichen Umfeld wahrgenommen wird, was ihm das Podium durchwegs bestätigte. Der FC Wacker könne viel leisten in Innsbruck und da spiele die Fankultur eine große Rolle. Das vorbildliche Engagement gegen Rassismus ist über die Grenzen herausragend. Es wird seit vielen Jahren daran gearbeitet und es ist fixer Bestandteil der Statuten. Die Identifikation von Fans und Sportclub ist immens wichtig und spiegelt sich in den Zuschauern wider. Es gibt seit drei Jahren die Fanarbeit in Innsbruck – Sozialarbeit mit Fußballfans. Man möchte weg vom Image der „Raufbrüder“ mit Hilfe der Methoden der Sozialarbeit. Fußball bietet sich sehr wohl als Ventil an, sich Luft zu machen und dies sei ein wichtiger Faktor für die Fans, jedoch wird erfolgreich daran gearbeitet, ausufernde Gewalt einzudämmen. Die Anerkennung der Fanarbeit seitens der Stadt könnte jedoch besser sein.

Was zieht Menschen nach Innsbruck?

Das Gespräch fand in schönem Ambiente im Mittagstisch in der Hörtnaglpassage statt.

Als Identifikation der Bevölkerung und als Touristenmagnet sieht Hebenstreit den Fußball jedoch nicht: Nur eine Minderheit kommt direkt aus der Stadt zum Zusehen. Dies sei jedoch auch bei anderen Klubs in Hauptstädten zu beobachten, gerade 20% an Stationplätzen wird durch Bewohner der Hauptstädte besetzt. Dr. Karl Josef Ischia, Touristiker, bestätigt die Ansicht und meint, dass man weniger wegen dem Spitzensport nach Innsbruck komme, es aber die Olympiaden und größeren Sportveranstaltungen wie die EURO waren, die Innsbruck berühmt gemacht haben. Es sei aber vor allem  die geopolitische Lage Innsbrucks ein starker Grund nach Innsbruck zu kommen. Wir wären seit jeher als „Stadt an der Brücke“ bekannt und in der Geschichte unter anderem als Weinstraße erwähnt. Mittlerweile kämen viele Besucher aus Asien und Südamerika zu 10-tägigen Europatrips, für welche Innsbruck immer einen fixen Bestandteil darstelle. Innsbruck sei ebenfalls gut positioniert als Congress- und Wirtschaftsstadt. Auch die Studenten prägen Innsbruck sehr positiv, erwähnt er in Richtung des ÖH-Vorsitzenden Florian Heiss. Dieser bestätigt, dass viele Studierende sich wegen dem Faktor Sport für Innsbruck entschieden haben: Eine solch schnelle Anbindung an sämtliche Sportarten inklusive Berg- und Wintersport sei einmalig und eine absolute Aufwertung des Studienortes.

Das DU der Tiroler und das SIE in der Welt

Der Moderator Professor Andreas Maislinger erläuterte die Einmaligkeit des Umgangs mit dem DU in Tirol, hatte durch Vorgespräche jedoch herausgehört, dass viele meinen, das DU würde allmählich zurückweichen. Das DU binde einerseits schnell Menschen, schließt aber andererseits auch schnell aus.

In einer angeregten Diskussion mit dem Publikum konnte man feststellen, dass sich gerade Nichtinnsbrucker vom DU polarisiert fühlen: Es wurde von Besuchern berichtet, die glücklich sind in Geschäften mit DU angesprochen zu werden und unter den Studierenden sei dies ein wichtiger Gesellschaftsfaktor.

Podium: Maislinger, Hebenstreit, Ischia, Van Staa, Fink, Vettorazzi, Mittelstaedt & Heiss

Nach Innsbruck Gezogene berichteten jedoch, sich in ihrem Respekt gekränkt zu fühlen. Maislinger meint, das unangebotene DU sei sogar eine Form der Respektlosigkeit. Es wäre auch nach 15 Jahren in Innsbruck für ihn noch immer befremdlich im Supermarkt mit DU angeredet zu werden. Konventionen unter Menschen seien keine Lappalien, sondern wichtig. Weil die Kondition nicht klar ist, würden sich Hergezogene oft schwer tun. Dr. Ischia meint hierzu, es sei eine Frage des Umfeldes: An der Schneebar sage auch keiner SIE. Im Allgemeinen konnte man feststellen, dass die anwesenden Innsbrucker schon sehr überzeugt vom DU sind und in diesem Faktor viel Charme sehen, die Neigung zum SIE eher eine Alterserscheinung sei, jedoch nicht zwingend.

Zur Bettlerdiskussion:

Auch zu den Bettlern wurde diskutiert: Für Andreas Maislinger ist es nicht erklärbar, wie 30 Personen die ganze Stadt aufregen können. Katharina Mittelstaedt geht davon aus, dass die Politik in vielen Fällen Themen zu Themen machen und es eine Frage sei wie öffentlicher Raum definiert wird. Die Politik habe einen großen Einfluss darauf. Es würde vielleicht ein Beispiel für den Spannungsbogen darstellen, dass mit dem Wachstum von Innsbruck und der Entwicklung zu einer „kleinen Weltstadt“ auch der Umgang mit, für diese Stadt, neueren Problemen erst erlernt werden müsse.

Florian Heiss erzählte, dass Obdachlose an der Universität vor einiger Zeit Thema waren und die Reaktionen stark auseinander gingen: Es gab extreme Aussagen von der einen Seite und solche von der anderen Seite. Es seien eben auch Stimmungsmacher dahinter. Schade wäre gewesen, dass die Reaktion der Stadt auf das Anliegen der Universität eine sehr Abweisende war. Universitätsgrund sei nicht das Problem der Stadt, sie verkündet worden.

Dr. Karl Ischia brachte es auf den Punkt: Es gäbe Obdachlose, die dringend betreut werden müssen, und es gäbe organisierte Gruppierungen. Gegen diese müsse vorgegangen werden. Wenn gar nicht mit einem Thema umgegangen würde, hätten wir das größte Problem.

DDr. Herwig Van Staa erzählt aus der Geschichte: Als damals das Obdachlosenhaus gebaut wurde, wurde eingeführt, dass für zwei Stunden am Tag Arbeiten von denen, die konnten, geleistet werden sollen. Das Ergebnis war, dass am Folgetag nur noch 5 Personen im Haus waren. Dies sollte uns aber auch zu denken geben: „Wer scheut sich lediglich vor Arbeit, wer ist krank und wer sucht tatsächlich Hilfe?“, stellte er in den Raum.

Bernhard Vettorazzi führte das Thema zusammen und meinte: Toleranz müsse auf beiden Seiten gelebt werden. Früher war ein anderer Umgang beiderseits. Es stört bei den Bettelnden der Respekt den Geldgebern gegenüber und das Miteinander muss erst gefunden werden.

Der Abend klang mit einer gemeinsamen Suppe aus,  Lorenz Jahn und Andreas Maislinger sind mit dem Abend äußerst zufrieden und wünschen sich eine Fortsetzung der Stadtperspektiven im Herbst.

Rückfragen:

GR Mag. Lorenz Jahn
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